Der Geburtstag von Lutz 22.12.2004

Es war ein schwerer Tag. Ich hatte einen Strauß mit sieben roten Rosen bestellt. Morgens um 8.00 Uhr fuhr ich zum Blumenladen und holte den Strauß. Es war das gleiche Geschäft, das die Trauergestecke angefertigt hatte. Die Rosen waren angedrahtet und die Verkäuferin erklärte mir, dass sich die Rosen ohne Wasser in der Kälte am besten halten. Ich sagte ganz verzweifelt, dass mein Mann 47 Jahre alt geworden wäre. Ich kämpfte schon im Blumenladen mit meiner Fassung. Ich fuhr zum Friedhof. Ich kam mir vor, als würde ich zu meiner eigenen Hinrichtung fahren. Dort angekommen stellte ich die Rosen in eine Grabvase und zündete ein Grablicht für Lutz an. Ich dachte daran, wie ich ihm sonst immer zum Geburtstag gratuliert hatte. Meist rollte ich mich, wenn ich früh aufwachte, gleich zu ihm in sein Bett, umarmte und küsste ihn und gab ihm ein keines Geschenk. Es war immer eine sehr herzliche und liebevolle Gratulation gewesen. Jetzt stand ich am frühen Morgen in der Kälte vor seinem Grab und mir kamen die Tränen. Ich weinte leise für mich und blieb einige Minuten. Ich war allein auf dem Friedhof. Ich kam mir so verlassen vor.

Sonnenaufgang

Lutz war mein Lichterengel. Sein Geburtstag ist einen Tag nach der Wintersonnenwende.  Er hatte immer scherzhaft behauptet, dass die Tage ab seinem Geburtstag länger werden, weil er Geburtstag hat. Ich nannte ihn dann "mein Beleuchter" oder "mein einziger Lichtblick in meinem Leben" oder "Lichterengel". Wir hatten viel Spaß dabei. Jetzt ist alles ernst und Lutz, mein Lichterengel ist bei den anderen Engeln.

Als ich wieder nach Hause kam, war der Dachdecker auf dem Dach und montierte das Gitter. Ich freute mich, dass nun das Gitter vor dem Winter auf dem Dach war. Ich sagte dem Dachdecker, dass Lutz heute Geburtstag hat und das es wie ein Geburtstagsgeschenk sei, dass heute das Dachgitter draufkam.

Die Schwiegereltern waren aus Jena schon am Vortag gekommen. Sie fragten mich, ob wir alle gemeinsam zum Grab gehen. Ich sagte jedoch, dass ich morgens allein gehen möchte. Ich lud die Schwiegereltern und die Oma zum Kaffeetrinken ein. Wir waren fünf Personen. Ich deckte für sechs. Der Platz für Lutz blieb frei. Ich stellte eine Kerze auf seinen Platz. Es war eine ganz andere Geburtstagsfeier als die anderen Jahre. Wir waren alle recht bedrückt.

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